Gute Führung ist wie sicher und präzise fliegen

Was haben Piloten und Manager gemeinsam?

 

Lesen Sie hier, wie durch einfach umsetzbare Maßnahmen die Verständigung zwischen Menschen spektakulär verbessert werden kann: Was im Flugzeug Abstürze verhindert und Menschenleben rettet, kann auch in Unternehmen vor fatalen Fehlentscheidungen schützen. Am Boden wie in der Luft macht ein starkes Team den Unterschied zwischen Crash und Punktlandung. Der Artikel zeigt, wann im Unternehmensalltag die Warnlämpchen angehen sollten – und vor allem, was für Manager und Führungskräfte dann genau zu tun ist.

 

Teamwork: Was Manager von Piloten lernen können

 

Sieben Erfolgsstrategien für turbulente Zeiten

 

Führungskräfte haben es nicht leicht. Sie sind für alles verantwortlich und müssen schwierige Entscheidungen treffen, die über die Zukunft des Unternehmens entscheiden – und das oft unter Zeitdruck. Um diese Aufgabe zu bewältigen, muss man krisenfest sein vor allem auf seine Mitarbeiter zählen können.

 

Wie (überlebens-)wichtig das Vertrauen in die eigenen Stärken ist, wissen Privat- und Berufspiloten aus eigener Erfahrung. Im Cockpit wie im Leben können wir bei Turbolenzen nicht rechts ranfahren, sondern brauchen einen klare Vorgehensweise. In beiden Lebensbereichen gibt es sieben Erfolgsfaktoren, die in der Luft und auch am Boden den Unterschied machenzwischen Crash und Punktlandung.

 

Kein Flug ist der andere. Wetterumschwung, ein neuer Flugplan, jeden Tag ein anderer Flughafen, ständig wechselnde Crews… das macht den Job gleichermaßen abwechslungsreich und anspruchsvoll.

Auch Führungskräfte und Unternehmer können sich nicht auf ihren Autopiloten verlassen, während sich die Welt um sie herum immer schneller dreht. Die komplexen Fragen der Zukunft lassen sich nur gemeinsam lösen. Am Boden wie in der Luft entscheiden ein eingespieltes Team, eine klare Kommunikation und die richtigen Entscheidungen über Crash oder Punktlandung.

 

    1.    I have control: Verantwortung ist eine Entscheidung

 

„Heute fliegst Du die Maschine“. Mit diesen Worten begrüßt der Kapitän seinen ersten Offizier zur Flugvorbereitung. Das Besondere: „Heute“ war sein erster Flug für die Airline. Er kam frisch von der Flugschule. Null Erfahrung. Wenig Selbstvertrauen. Gerade mal 22 Jahre jung. Und nun sollte er die 77 Tonnen und 195 Menschenleben in Händen halten?

 

Was sich waghalsig anhört, folgt einer bewussten Philosophie: Teamwork funktioniert nur auf Augenhöhe und mit Vertrauen. Der Kapitän lässt seinen ersten Offizier ja nicht allein im Cockpit, sondern unterstützt ihn wie ein Mentor und führt ihn so an die Verantwortung heran. Fliegen lernst Du nun mal nur durchs Fliegen. Nicht durchs Zusehen oder mithilfe von Theoriehandbüchern.

 

Auch Unternehmen müssen diese Entwicklung zulassen, deren Wirkung sich nicht an Tag eins in Kennzahlen festmachen lässt. Dem Mitarbeiter mehr Verantwortung zu übertragen, sorgt für ein Bewusstsein der Selbstwirksamkeit – die höchste Form der menschlichen Motivation. Für beide Seiten eine Herausforderung, denn der Mitarbeiter muss sich auch zutrauen, diese Verantwortung zu übernehmen.

 

    2.    Perspektivenwechsel erweitert den Horizont

 

Doch der Mut zahlt sich langfristig für beide Seiten aus. In den Cockpits weltweit wechseln sich die Piloten ganz selbstverständlich ab, wenn es um die Flugdurchführung geht.

 

Unabhängig von Rang und Flugerfahrung. Ein guter Kapitän lässt bei schlechtem Wetter oder einem schwierigem Anflug sogar bewusst seinen Co-Piloten fliegen. So hat er mehr freie Kapazitäten, um den Überblick zu behalten und vorausschauend zu agieren.

 

Ich bin selbst immer wieder überrascht, wie hilfreich dieser Perspektivenwechsel ist, um sich ein klares Gesamtbild der Situation zu machen. Unternehmer sehen sich häufig zu einseitig in der Pflicht, selbst voll im operativen Tagesgeschäft mitzuwirken. Das Steuer aus der Hand zu geben sorgt erst einmal für Kontrollverlust. Sich rauszunehmen und als Außenstehender auf die Situation zu blicken, schafft oft erste freie Sicht auf die Lösung des Problems. 

 

    3.    Closed-Loop: Klarheit in der Kommunikation

 

Wichtig dabei: Verantwortung muss immer auch klar kommuniziert werden. Allein dadurch könnten in vielen Unternehmen hohe Reibungsverluste vermieden werden. Sie entsteht, weil Verantwortlichkeit schlichtweg unsauber geklärt wurden und sich niemand wirklich „zuständig“ fühlt.

 

Auch in Flugzeugcockpits war das lange Zeit ein Problem. Gefährliche Zwischenfälle bis hin zu Abstürzen sind auf Schweigen oder Missverständnisse zurückzuführen. Training im Flugsimulator zielt daher auch wesentlich auf klare Kommunikation ab. Die Logik der „Closed-Loop“, dem geschlossenen Kommunikationskreislauf, basiert auf Verantwortung.

 

Als Sender einer Botschaft bin ich dafür verantwortlich, dass diese beim Empfänger auch wirklich klar angekommen ist. Gerade unter Stress geht vieles unter. Dies lässt sich auch im Management-Cockpit vermeiden, indem ich etwa am Ende eines längeren Gesprächs nochmal ein Fazit mit den Kernbotschaften formuliere. Oder eine offene Frage stelle, die mein Gegenüber nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann. Aus seiner Antwort erkenne ich, ob meine Botschaft ankam. Oder lassen Sie Meeting die Mitarbeiter das Resümee ziehen. Außerdem gilt: je wichtiger und komplexer der Inhalt, desto kürzer und klarer sollten Sie Ihre Sätze formulieren.

 

    4.    Fly the aircraft: Blick fürs Wesentliche

 

Klarheit bedeutet auch, zu differenzieren, zu selektieren: Was ist wichtig? Um was geht es hier wirklich? Vor wenigen Jahren geriet eine vollbesetzte Maschine der Lufthansa in eine Situation, die binnen Sekunden zum Absturz geführt hätte, wenn die Crew nicht richtig gehandelt hätte. Als die Boeing 737 direkt nach dem Start in Ägypten von einer sogenannten Windscherung erfasst wurde, gingen sämtliche Warnlampen und Notsirenen im Cockpit los. Vom ersten Tag an wird Dir als Pilot eingebläut: Fly the aircraft! Nur das zählt: Im Flugsimulator oft trainiert kann so ein Notmanöver abgerufen und der Absturz verhindert werden.

 

Was in Firmen alles schief läuft: 

 

Wenn auch nicht ganz so dramatisch, so steht diese chaotische Situation im Cockpit doch sinnbildlich für den Arbeitsalltag vieler Führungskräfte. Von allen Seiten Input, ein allgegenwärtiger Zeitdruck und die enorme Verantwortung erschweren die Entscheidungsfindung. Auch hier gilt: Reduzieren Sie die Entscheidungen auf das Wesentliche. Was ist wirklich wichtig? Prioritäten setzen bedeutet, 100 Prozent „Ja“ zu einer Sache zu sagen und „Nein“ zu vielen anderen. Ob uns das gefällt oder nicht.

 

    5.    Lernen oder Lamentieren? Fehlerkultur ist Firmenkultur

 

Und trotzdem werden immer wieder Fehler passieren: Fliegen ist heute nicht etwa deshalb so unfassbar sicher, weil keine Fehler passieren. Laut einer Studie passiert alle vier Minuten im Cockpit ein Fehler. Das möchte wohl kein Passagier gerne hören. Aber es verdeutlicht, worauf es auch bei Unternehmen ankommt, möchte man sein Ziel sicher erreichen: es geht um eine Kultur, in der Fehler offen angesprochen werden. Von jedem.

 

Um erstens aus ihnen zu lernen und zweitens schnell reagieren zu können. Denn weder Unternehmen noch Flugzeuge stürzen ab, weil der Einzelne einen Fehler macht. Sondern weil niemand im Team den Fehler sieht. Oder sehen will. Oder weil sich niemand traut, den Fehler offen anzusprechen. Nicht der Fehler ist das Problem, sondern die Fehlerkette.

 

Positive Fehlerkultur funktioniert in der Praxis nur mit Vertrauen. Dieses aufzubauen ist bekanntlich ein langer Prozess. In der Luftfahrt ist ein anonymes Reportingtool für Vorfälle an Bord eines von vielen Beispielen. Und wie überall gilt auch hier: wie der Kapitän es vorlebt, so verhält sich die gesamte Crew. 

 

    6.    Entscheidungen treffen, nicht aussitzen

 

Wo sie erfolgreich etabliert ist, verringert eine positive Fehlerkultur auch die Angst der Mitarbeiter, Fehler zu machen. Angst führt zu Passivität, hemmt Kreativität und erhöht die Fehlerquote, weil sie Stress verursacht. In 13 km Höhe wäre das hinderlich. Wenn dort oben ein Plan nicht funktioniert oder ein Notfall passiert, können wir nicht rechts ranfahren. Wir müssen entscheiden.

 

Auch im Cockpit waren jahreslanges Training der Crews von Nöten, um Tunnelblick und Zögern in heiklen Situationen zu eliminieren. Auch hier spielt das Vertrauen ins Team eine große Rolle. Und Vorbereitung, etwa im Flugsimulator. Viele Szenarien sind beherrschbar, wenn sie einen nicht ganz unvorbereitet treffen. Startabbruch, Triebwerksausfall, Durchstarte-Manöver, all das wird auf jedem Routineflug besprochen, vor jedem Start und jedem Anflug.

 

Auch Unternehmen könnten etwa einmal im Monat ein mehrstündiges „Krisensimulator“-Meeting einführen, in dem über mögliche Probleme, Gefahren und Krisenpotentiale gesprochen wird, an dessen Ende ein Notfallplan steht.

 

    7.    Den „inneren Kompass“ nutzen

 

Piloten entscheiden immer rein rational – Zahlen, Daten, Fakten. Für alles gibt es Checklisten und Berechnungen. Mitnichten! Die schwierigen Entscheidungen gehen weit über das Rationale hinaus. Am Boden wie in der Luft. Was es braucht, wenn unser Schubladendenken ins Leere läuft, ist unser „innerer Kompass“ – unsere Intuition. Ein Kompass zeigt kein “richtig“ oder „falsch“ an, sondern eine Richtung, einen Weg.

 

Wir alle haben diese innere Stimme. Was wir brauchen, ist der Mut, ihr Gehör zu schenken. Unsere Intuition speist sich aus unserer Lebenserfahrung. Auch sogenannte weiche Faktoren wie Empathie, spielen hier mit hinein. Ein wichtiger Faktor für weitreichende Entscheidungen – beruflich wie privat. Wer Ziele erreichen will muss es schaffen, Menschen zu erreichen. Darum geht es bei Teamwork. Kommen Sie gut an!