Wie Sie Ihre Firmen-Vision finden

 

Vielleicht kennen Sie die folgende kleine Geschichte von den drei Steinmetzen:

 

Ein Wanderer kommt an eine Stelle, wo Männer Steine behauen. Er fragt den ersten: „Was tust Du hier?“ Dieser antwortet: „Steine klopfen.“ Das befriedigt die Neugier des Wanderers nicht. Also fragt er den Nächsten. Dieser antwortet: „Ich meißle eine Säule.“ Auch das reicht dem Wanderer nicht, also fragt er einen Dritten. Der antwortet strahlend: „Ich helfe mit, eine der schönsten Kathedralen zur Ehre Gottes bauen.“

 

Unternehmen ohne Vision haben bloß Steineklopfer als Mitarbeiter. Diese erledigen eine Aufgabe, können aber deren Sinn nicht erklären. Unternehmen, die zwar eine Vision haben, diese aber nicht ausreichend an die Mitarbeiter kommunizieren, haben maximal Säulenbauer. Diese verstehen nur einen Teil des Ganzen. Erst ein Unternehmen, das seine Mitarbeiter zu Visionären gemacht hat, hat Kathedralenbauer. Die begeistern sich für das, was hinter dem Horizont liegt. Sie agieren statt zu reagieren. Sie wollen unbedingt dabei sein, wenn etwas Großes entsteht. Sie kennen Werte, Mission und Vision des Unternehmens ganz genau.

 

Soweit so gut! Wie aber sieht der Firmenalltag in unseren Tagen aus? 

 

Untersuchungen wie die Gallup-Studien belegen, dass 70 Prozent der Mitarbeiter keine innerliche, emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen haben. Tendenz steigend. Von innerer Kündigung reden wir, wenn die Identifikation mit dem Betrieb verloren gegangen ist. Man tut nur noch so viel, um seinen Job nicht zu verlieren – mehr nicht. Macht jemand diesem Mitarbeiter ein besseres Angebot, ist er weg. Es leuchtet ein, dass ein solcher Betrieb nie die Energie hat, in seinem Fachgebiet zu den Besten zu zählen. Und doch sollte man den Mut aufbringen, sich genau dazu zu entscheiden.

 

So werden Potenziale genutzt

 

Wer sich mit seinem Unternehmen einfach irgendwo im Mittelmaß tummeln will, der braucht hier nicht weiterzulesen. Betriebe mit mittelmäßiger Leistung gibt es schon zuhauf. Da findet der Konkurrenzkampf statt. Im „Mittelmaß“ wird der Preiskampf geführt. Vergleichbare Leistungen zu einem vergleichbaren Preis ist die Devise. Es wird sich immer jemand finden lassen, der es noch billiger macht.

 

In dieser Situation befinden sich viele Firmen. Einige mehr, andere weniger. Wundern Sie sich noch, warum da wenig Begeisterung vorhanden ist? Oder können Sie sich vorstellen, dass eine Firma mit dieser Denkhaltung zum Kreis der Branchenbesten zählt? Wohl kaum! Die Kunden werden die fehlende Begeisterung schon von weitem spüren und wegbleiben oder die Situation durch Preisdruck ausnützen wollen. So ist das eben.

 

Wenn man so weit gekommen ist, dass der Preis das einzige Argument wird, dann ist schon lange vorher einiges schief gelaufen. Und genau hier setzen wir an. Mit einer gemeinsamen Vision entscheiden wir uns dafür, aus unserem Unternehmen etwas ganz Besonderes zu machen. Und dazu brauchen wir alle Potenziale, die im Mitarbeiter Team vorhanden sind. Die Frage ist nur, wie wir es schaffen, diese Potenziale freizulegen.

 

Der Geschäftsführer eines mittelgroßen Unternehmens in der Stahlbranche mit etwas mehr als 40 Mitarbeitern entschließt sich mit seinem ganzen Team für ein Wochenende in die Berge zu fahren. Nicht etwa, um eine schöne Wanderung zu unternehmen, sondern um intensiv zu arbeiten. Hundert Prozent der Belegschaft ist anwesend: Nicht nur die Geschäftsleitung, sondern auch die Auszubildenden, die Maler, die Aushilfskräfte, ja sogar der Außendienst nimmt vollzählig teil. Und dabei handelt es sich nicht einmal um bezahlte Arbeitszeit. Jeder „opfert“ ein Wochenende.

 

Warum tun die das? Aus der Einladung war nichts Konkretes zu entnehmen. Es hieß nur, man komme zusammen, um die eigene Firmenvision zu finden. Es ist klar, dass die entsprechenden Sprüche in der Kantine nicht ausbleiben. Logisch auch, dass sich manch einer gefragt hat, ob es jetzt nicht bald an der Zeit sei, die Firma zu wechseln. „Was denen da oben immer wieder einfällt. Langsam wird es zu viel!“ Und natürlich gab es auch solche, die der ganzen Sache positiv oder zumindest neutral gegenüber standen.

 

Erstaunlich ist auch immer wieder, wie viele Firmen Mühe haben, ihr Team für ein Wochenende zu verpflichten. Da zeigt sich ganz deutlich, wie groß die Bereitschaft der Leute ist, sich tatsächlich in das Unternehmen einzubringen und auch etwas mehr dafür zu tun.

 

Verstand schafft keine Visionen

 

Aber zurück auf die Berghütte. Was passiert jetzt genau mit allen Beteiligten? Wie verläuft der Prozess einer erfolgreichen Vision Findung, ohne, dass das Ganze zu einer Illusion wird?

 

Die Anwesenden sollten sich – weit abseits der Firma - in einem guten und entspannten Zustand befinden. Dann versuchen sie zu erfühlen, zu erspüren, ja sogar zu sehen, wie das Unternehmen aussehen könnte.

 

Unter der Anleitung eines erfahrenen Moderators reflektieren sie - vielleicht zum ersten Mal – ihr bisheriges Verhalten. Welche Fähigkeiten sind vorhanden? Welche Werte, welche Glaubenssätze lebt das Unternehmen? Welche Identität hat die Firma bis zum heutigen Tag?

 

Was wäre ab sofort wünschenswert?

  •         Sind wir bereit herausragende Produkte in herausragender Qualität zu bieten?
  •         Hinter welchen Werten stehen wir? Wollen wir sie auch im Alltag leben? 
  •         Wollen wir, durch eine faire und kompetente Verhaltensweise, aus Kunden Freunde machen? 
  •         Soll das Unternehmen ein Ort sein, in dem hervorragend miteinander umgegangen wird? 
  •         Sollen uns Großzügigkeit und eine charismatische Ausstrahlung auszeichnen?  

 

Alle diese Bilder halten wir fest. Erst wenn wir dies getan haben, kommen wir zurück und analysieren, was dabei herausgekommen ist. Damit uns der logische Verstand hilft, diese Dinge auch umzusetzen. An diesen Punkten wird jetzt solange gearbeitet, bis alle Anwesenden – ohne faule Kompromisse – ihre Zustimmung geben können und somit voll hinter den fundamentalen Säulen stehen. Sonst bleibt es eine Illusion. Und das wollen wir ja vermeiden.

 

Ganz zum Schluss wird aus all diesen Bildern eine Zusammenfassung erstellt. Damit einigt man sich darüber, wie die „Essenz“ dieser Vision heißen könnte. Gesucht wird eine leicht merkbare und fassbare „Verdichtung“ all dieser Aussagen.

 

Ich weiß, das hört sich jetzt nicht so ganz einfach an. Aber glauben Sie mir: Wenn Sie den Mut aufbringen, ungewöhnliche Dinge mit Ihrem Team zu tun, dann werden Sie auch den Mut haben, außergewöhnliche Dinge Ihren Kunden anzubieten. Sie werden einzigartig in allem was Sie tun und nach außen darstellen. So erlangen Sie eine „unübliche Marktpräsenz“. Dies verleiht Ihrem Unternehmen die Energie, aus dem Mittelmaß auszubrechen und konkurrenzlos zu werden. 

 

Energien freilegen

 

Mitarbeiter, die an der Entwicklung einer Vision mitgearbeitet haben, kommen nicht mehr darum herum, mehr Verantwortung übernehmen zu wollen. Wenn der Geist des Teams auf ein gemeinsames Ziel gerichtet ist, dann wird die Vision bereits ab der ersten Minute gelebt. Laufend werden neue Ideen entwickelt. Damit muss mancher Chef zuerst umgehen lernen. Er sollte sich auch damit abfinden nicht mehr für alle Details gefragt zu werden. Wenn man den Menschen Vertrauen schenkt, heißt das auch loslassen können. Darum ist eine visionäre Firma immer ein Entwicklungsprozess dem kaum Grenzen gesetzt zu scheinen. Er hört nie auf und geht immer weiter.

 

Ganz wichtig hierbei ist, dass die Vision ab sofort gelebt werden kann und somit im alltäglichen Leben stattfindet. 

 

Und das ist der alles entscheidende Punkt. Eine Vision ist somit nicht auf die Zukunft bezogen. Eine Vision, die nicht jetzt und heute gelebt werden kann, ist keine Vision, sondern ein Ziel. Ziele sind messbare und noch nicht erreichte Zustände.

 

Im Gegensatz zu einer Zielsetzung – die sich immer nur auf die Zukunft bezieht und somit einen permanenten unerfüllten Zustand kreiert – lebt Ihre Vision im hier und jetzt. 

 

Eine Vision ist nie messbar. Es ist ein Gefühl, eine Energieform, die den Sog für eine „gemeinsame Sache“ erzeugt und alle Beteiligten wie Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Kunden gewinnen lässt.

 

Die tägliche Arbeit kostet somit nicht mehr Ihre ganze Kraft. Im Gegenteil, die täglichen Aktivitäten haben auf einmal sehr viel Sinn, Sie werden spüren wieviel Energie sie plötzlich bekommen.

 

Das heißt, wie gesagt, konkret, dass Sie Ihre Vision sofort leben können. Damit leben Sie im hier und jetzt und können das Leben genauso genießen, wie Sie es sich jetzt wünschen.